Lügendetektor: Auf der Suche nach der Wahrheit

Richtig oder falsch?

Fehlerfreie Gerichtsentscheidungen und eine Methode, um menschliche Gefühle oder Körpersprache zu vermessen sind seit jeher der Traum eines jeden Polizei- oder FBI-Beamten. Es wäre auch zu schön, könnten Verbrecher mithilfe einer Allzweck-Maschine hinter Gitter gebracht werden. Doch so vielversprechend die Idee zur Entlarvung von Lügen auch war, ist auch der Erfolgsweg des Lügendetektors selbst gepflastert von Unwahrheiten.

Kurioserweise steckt im deutschen Namen der Maschine – Lügendetektor – bereits die Unwahrheit: Lügen konnte sie nie detektieren. Sie wurde vielmehr entwickelt, um die menschlichen Reaktionen auf Stress und Druck zu messen: den Blutdruck des Befragten, die Atmung per Sensoren und den Puls sowie die Leitfähigkeit der Haut. Umso mehr ein Mensch schwitzt, desto mehr leitet die Haut den Strom. Daher rührt vermutlich auch der erste Impuls zur Erfindung des Lügendetektors: Schließlich lasse sich aus eben diesen Messdaten die innere Anspannung des Probanden ablesen. Wie reagiert er auf brenzlige Fragen? Gerät er in eine stressige oder hektische Lage, weil er nach einer Antwort – oder gar einer Lüge – sucht?

„Lügen wie gedruckt"

Der Physiologe und Polizist John Augustus Larson, der mit seinen Eltern als Kind von Kanada in die USA eingewandert war, entwickelte 1921 den ersten modernen Lügendetektor. Larson kombinierte ein Blutdruckmessgerät mit einem Atemmesser. Mittels Sonden, die an Brust und Oberarm des Probanden befestigt wurden, zeichnete der Lügendetektor die körperlichen Reaktionen auf die gestellten Fragen auf. Da das Gerät dabei mit Nadeln ein Diagramm über die Ausschläge verfasst und auf Papier ausdruckt, heißt der Lügendetektor im Fachjargon auch Polygraf – ein Vielschreiber. 

Lügendetektor Maschine

Bei einem der ersten Fälle, bei denen der Apparat eingesetzt wurde, ging es um die Frage, wer Studentinnen in Kalifornien Schmuck, Geld und Unterwäsche gestohlen hatte. Der Dieb ließ sich nicht ausfindig machen, aber Larson verliebte sich in eines der befragten Diebstahlopfer – sie wurde später seine Frau. So brachte die Erfindung des Polygrafen Larson das private Glück, finanziell ging er allerdings leer aus: Sein Assistent Leonarde Keeler ließ sich den Lügendetektor vier Jahre später patentieren. Er entwickelte den Polygrafen in der Hinsicht weiter, dass der Detektor fortan auch auf Fingerschweiß reagierte.

„Lügen, dass sich die Balken biegen"

 Keeler gründete ein eigenes Institut und verkaufte das Gerät als Wundermaschine, wohlwissend um seine begrenzte Aussagekraft. Die brutalen Verhörmethoden der Polizei damit einzudämmen, war für ihn Mittel zum Zweck. In den kommenden Jahren schafften Behörden den Detektor massenhaft an. 1938 waren erstmals zwei Männer, die versucht haben sollen, einen Sheriff umzubringen, ausschließlich aufgrund der Testergebnisse eines Polygrafen verurteilt worden. Die heutzutage bekannte Problematik: Während des Lügens ändern sich zwar Puls, Blutdruck sowie Atemfrequenz, doch lässt sich mithilfe der Messwerte des Lügendetektors nicht zweifelsfrei feststellen, ob der Befragte die Tat auch wirklich begangen hat – oder lediglich darüber Bescheid weiß oder aus anderen Gründen nervös ist. Auch liefert ein Lügendetektor keine eindeutigen Fakten, sondern die aufgezeichneten Linien bieten viel Raum für Interpretationen.

Somit sind Lügendetektoren heutzutage vor Gericht als Beweismittel unzulässig. Dennoch werden jährlich Millionen von Lügentests durchgeführt, besonders in den USA. Das FBI nutzt sie ebenso wie die CIA oder die National Security Agency (NSA). Kurioserweise werden damit nicht nur Verdächtige verhört, auch in Bewerbungsgesprächen findet der Apparat Verwendung: Könnte der Kandidat ein Spion sein? Was könnte ihn in brenzligen Situationen erpressbar machen?

„Lügen haben kurze Beine"

So hat sich die Grundidee zur einfachen Lügenerkennung nach wie vor ihren Reiz bewahrt. Doch ihr prägendster Förderer Leonarde Keeler profitierte nur wenige Jahre davon. Er erlebte seine ganz persönliche Lebenslüge, indem seine große Liebe, die Psychologin Katherine Applegate, ihn für einen anderen verließ. Keeler fiel daraufhin in ein tiefes Loch. Vereinsamt starb er 1949 mit nur 45 Jahren, während das Prinzip des Lügendetektors trotz aller Bedenken bis heute überdauert hat.

FAQ zum Lügendetektor

Ein Lügendetektor, fachsprachlich als Polygraph bezeichnet, ist ein Hilfsmittel zur Bestimmung von Körperreaktionen wie Puls, Blutdruck, Atmung oder der elektrischen Leitfähigkeit der Haut. Mit Hilfe von einer Manschette am Oberarm, Sensoren auf der Haut und auf der Fingerspitze sowie einem Schlauch auf der Bauchdecke misst das Instrument die unterschiedlichen Körperreaktionen und erfasst unsichtbare Ausschläge bzw. Reaktionen. Dabei handelt es sich etwa um ansteigenden Blutdruck, eine beschleunigte Atmung oder erhöhte Schweißaktivität, die die befragte Person nicht kontrollieren und folglich im Falle einer Lüge während der Messung nicht verbergen kann.

Die Zuverlässigkeit eines Lügendetektors ist umstritten. Zwar können zweifelsfrei Ausschläge bzw. Reaktionskurven der Körperaktivität gemessen werden, die Auswertung dessen ist aber fehleranfällig. So reagiert der menschliche Körper auf Emotionen und Erregung grundsätzlich mit veränderten Körperreaktionen im Bereich der Atmung oder der Schweißproduktion. Gewonnene Messwerte während eines Lügendetektor-Tests können folglich auch auf eine generelle. Natürliche Nervosität oder andere Ursachen zurückzuführen sein. Es gibt kein spezifisches Merkmal für Lügen. Die richtige Deutung der Messwerte hängt daher stark davon ab, ob der Gutachter die richtigen Schlussfolgerungen aus den Messdaten zieht.

Anwendungsgebiete von Lügendetektoren erstrecken sich von Vernehmungen bei der Polizei oder bei Geheimdiensten wie der CIA und dem FBI, über Anhörungen im Gericht bis hin zu Bewerbungsgesprächen für einen neuen Job. Hauptsächlich wurden und werden die Instrumente in den USA eingesetzt, auch in anderen Ländern sind sie jedoch verbreitet.

Elisabeth Stockinger

Elisabeth Stockinger
PR-Beraterin und Redakteurin bei Dialog Public Relations