Robert Koch: Der Mann, der nicht lockerließ

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Seit dem Frühjahr 2020 ist sein Name auch jenseits des Wissenschaftsbetriebes in aller Munde: Robert Koch. Der deutsche Arzt, Epidemiologe und Hygieniker gilt als Wegbereiter der Mikrobiologie. Das nach ihm benannte Institut ist Deutschlands wichtigste Informationssammelstelle sowie -quelle und veröffentlicht täglich neue Fallzahlen und Erkenntnisse rund um die Coronapandemie.

Ob sich Robert Koch eine Pandemie wie diese hätte ausmalen können? Fest steht, dass er ebenso unermüdlich an deren Erforschung und Bekämpfung mitgearbeitet hätte wie die Mitarbeitenden des nach ihm benannten Robert Koch-Institutes (RKI). Eines seiner überlieferten Zitate ist zugleich sein Erfolgsre-zept: „Ich lasse nicht locker.“ So kommentierte er den Nobelpreis für Medizin, den er 1905 für seine Tuberkuloseforschung erhielt. Diese setzte bis heute gültige Maßstäbe im Bereich der Infektionskrankhei-ten und Hygiene. „Man muss nicht wissen, wer den Tuberkelbazillus entdeckt hat“, sagte er einst recht bescheiden – doch Robert Koch war nicht nur ein wissbegieriger, beharrlicher Kämpfer im Dienst der Sache, sondern sehr ehrgeizig.Geboren am 11. Dezember 1843 als drittes von 13 Kindern eines Bergbaubeamten, sammelt und katalogisiert Robert Koch bereits als Junge diverse Pflanzen. Auf das Abitur am Humanistischen Gymnasium Clausthal folgt das Medizinstudium in Göttingen. Als Krankenhausarzt ist Robert Koch in Hamburg, nahe Hannover und in Potsdam tätig, bevor 1870 der Deutsch-Französische Krieg beginnt. Er meldet sich freiwillig als Sanitäter und behandelt im Feldlazarett vor allem Soldaten mit Ruhr und Typhus, beides bakterielle, schwere und oft tödlich verlaufende Durchfallerkrankungen. Nach dem Kriegsdienst legt er 1872 das Physikexamen ab und wird Amtsarzt im kommunalen Krankenhaus der Provinz Posen. Neben dieser Arbeit ist er noch als Gerichtsgutachter und in seiner Privatpraxis tätig, in der er Arme und Bedürftige behandelt. 

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1854: Robert Koch (obere Reihe, links neben der Mutter) im Kreise der Familie in Clausthal im Harz. Schon viel früher, im Alter von fünf Jahren, verblüffte er seine Eltern mit der Tatsache, sich mithilfe der Zeitung das Lesen selbst beigebracht zu haben. Erste Ten-denzen für seine Ausdauer und Zielstrebigkeit. © RKI

Logischer Aufbau und hohe Präzision

Trotz der praktischen Tätigkeit bleibt Robert Kochs reges Interesse an der For-schung: Im eigenen kleinen, primitiv eingerichteten Labor in seinem Wohnhaus führt er Experimente durch. Er wird dabei von seiner Frau Emmy, einer medizinisch-technischen Assistentin, unterstützt. Ein stets logischer Aufbau und eine akribisch hohe Präzision zeichnen ihre Versuche aus. Denn die Tierseuche Milzbrand (Anthrax) treibt damals nicht nur zahlreiche Bauern der Region in den Ruin, sondern befällt immer wieder auch Menschen. Koch weist im Tierblut stäbchenförmige Gebilde als Krankheitsauslöser nach, die widerstandsfähige Sporen bilden. Er isoliert diese erfolgreich und macht damit gesunde Tiere krank – der Beweis für seine These. An Carl Zeiss, einen Pionier der optischen Industrie, dessen Mikroskope Koch sehr schätzt, schreibt er im Zuge der Bestellung eines mikrofotografischen Apparats: „Es ist mir nämlich gelungen, die Bakterien mit solchen Farbstoffen zu imprägnieren, welche ihre Form nicht verändern und sie ganz außerordentlich deutlich erscheinen lassen.“ Robert Koch kann als erster Bak-teriologe seiner Zeit herleiten, weshalb ein Erreger resistent auf diverse Umweltfaktoren reagiert und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um eine Infektion auszulösen. Seine Erkenntnis: „Die Bakterie ist nichts, das Milieu ist alles.“ Anders ausgedrückt: Einem gesunden Immunsystem können Bakterien nichts anhaben, sobald es aber geschwächt ist, kommt es zur Krankheit.

Skandal um vermeint­liches Wundermittel

Diese bahnbrechende, 1876 veröffentlichte Forschung ist der Anlass für Robert Kochs Berufung an das Kaiserliche Gesundheitsamt in Berlin, wo er ab 1880 die bakteriologische Methodik zur Erforschung von Infektionskrankheiten und zur Entwicklung von Gegenmaßnahmen wie Desinfektionsverfahren ausbaut. Nach seiner Arbeit über Bakterienkulturen trägt er 1882 in der Physiologischen Gesellschaft in Berlin seine Erkenntnisse über den Erreger der bis dahin unbesiegbaren Volkskrankheit Schwindsucht (Tuberkulose) vor. Kochs Schüler Paul Ehrlich – später Namensgeber des Bundesinsti-tutes für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel – erklärte, dieser Vortrag sei ihm zeitlebens „als mein größtes wissen-schaftliches Erlebnis in Erinnerung geblieben“. Nun ist Robert Kochs Weltruhm nicht mehr aufzuhalten. Seine Techniken, Methoden und Kriterien für den Nachweis von Krankheitserregern machen Schule. Wichtige Erkenntnisse zum Cholera-Erreger sammelt er 1883/1884 im Rahmen einer Indien-Expedition der britischen Regierung. Bei seiner Rückkehr wird Koch in Deutschland wie ein Held ausgezeichnet und mit dem neu geschaffenen Lehrstuhl für Hygiene an der Berliner Universität belohnt.Kurz darauf entdeckt der Franzose Louis Pasteur, neben Koch der zweite Mitbegründer der Mikrobiologie, den Tollwuterreger und lanciert ein wirtschaftlich erfolgreiches Immunserum. Kochs Eifer ist geweckt, er will unbedingt ein Tuberkulose-Heilmittel präsentieren. So sorgt das sogenannte Tuberkulin im Jahr 1890 zunächst für große Euphorie. Doch bei der Therapie mit dem vermeintlichen Wundermittel kommt es zu Todesfällen, Koch muss das Rezept offenlegen: Er hat darin lediglich Extrakte von Tuberkelerregern verarbeitet, aber keine Belege zu deren Wirksamkeit vorzuweisen – entgegen den ursprünglich von ihm selbst entwickelten Forschungsregeln, die aber noch nicht allgemeiner Standard waren. So wurde in Deutschland erst 1961 ein Arzneimittelgesetz verabschiedet. Trotz dieses Skandals und wegen seiner ansonsten revolutionären Erkenntnisse wird Koch somit kurz darauf zum Direktor des extra für ihn gegründeten Königlich Preußischen Instituts für Infektionskrankheiten ernannt, das er 13 Jahre leiten wird. Es ist eines der ersten biomedizinischen Forschungsinstitute der Welt, das nationale und internationale Auftragsarbeiten sowie Gutachten erstellt.

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Robert Kochs Handzeichnung eines Milzbranderregers aus dem Jahr 1876. Für seine mikroskopischen Studien entwickelte er die Technik des hängenden Tropfens, bei der die Mikroben in einem Tropfen an der Unterseite eines Objektträgers kultiviert werden. © RKI

Begehrter Nobel­preis für Medizin

Koch ist ab Mitte der 1890er-Jahre häufig auf Forschungsreisen unterwegs und untersucht Tropenkrankheiten wie Malaria und Tierseuchen. Damit baut er seinen Ruf als Fachmann weiter aus – bis zum begehrten Nobelpreis 1905 für seine auch nach dem Skandal fortgeführte Grundlagenforschung rund um die Tuberkulose. Als er 1910 stirbt, wird seine Asche im eigens errichteten Mausoleum des Instituts beigesetzt. Zwei Jahre später wird das im Volksmund sogenannte Koch‘sche Institut zum 30. Jahrestag der Tuberkelbazillus-Entdeckung in Königlich Preußisches Institut für Infektionskrankheiten „Robert Koch“ umbenannt, 1942 in Robert Koch-Institut. Dem Mann, der nie locker ließ und voller Ehrgeiz forschte, wurde ein namentliches Denkmal gesetzt.

Text: Kerstin Radtke