Life Sciences-Techniktrends 2023 

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Wer 2023 in der Life Sciences-Branche mitreden möchte, sollte diese technischen Neuheiten kennen. Wir stellen drei Trends vor, die ein enormes Potenzial für die vielfältigen Life Sciences bieten: Vom quantenzählenden Computertomographen über eine präzise Gen-Schere bis hin zu menschlichen Organen auf einem Mikrochip.

1. Quantenzählender Computertomograph

Rund 12 Mio. Scans mit dem Computertomographen (CT) werden jährlich in Deutschland durchgeführt. Doch die Bildqualität ist teils zu gering, die Strahlendosis für einige Patientinnen und Patienten zu hoch. Diese beiden Probleme löst der von Siemens Healthineers entwickelte erste quantenzählende Computertomograph. Seine Aufnahmen sind doppelt so scharf und erleichtern die Diagnose gerade auch bei feinsten Strukturen wie Blutgefäßen oder winzigen Knochen. Zudem reduziert der NAETOM Alpha die Strahlenbelastung um 40 %. Somit profitieren künftig deutlich mehr Menschen von der nichtinvasiven, schnellen CT-Untersuchung – in der Onkologie und bei der Herz-Diagnostik ebenso wie bei COVID-19 oder anderen Lungenerkrankungen. Herzstück der Innovation ist ein neuer quantenzählender Detektor aus Cadmium-Tellurid. Im Gegensatz zu herkömmlichen CT-Detektoren wandelt er die Röntgenstrahlung nicht in sichtbares Licht um und vermeidet den damit verbundenen Informationsverlust über deren Energie. Vielmehr werden die Röntgenphotonen direkt in elektrische Signale transformiert und die einzelnen Quanten in jedem Pixel gezählt – die Energieinformation bleibt erhalten und das Bild ist schärfer sowie kontrastreicher. 2021 gingen die weltweit ersten 20 Exemplare in Betrieb. Es ist davon auszugehen, dass die neue Technologie langfristig Standard in jedem CT sein wird.

Foto (s.o.): Deutscher Zukunftspreis / Ansgar Pudenz

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Foto: iStock / luismmolina

2. Präzise „Gen-Schere“

Das CRISPR/Cas-System ist ein molekularbiologisches Werkzeug und leitet sich von einem natürlichen Mechanismus ab, mit dem sich Bakterien wie bei einem Immunsystem vor schädlichen Viren
schützen. Daraus entwickelte sich ein neuartiges Verfahren zur Modifizierung von DNA-Bausteinen mit der „Gen-Schere“. Dieses Genome Editing geschieht grundsätzlich in drei Schritten: der Suche nach der zu verändernden Stelle im riesigen Genom mittels Guide RNA, welche der DNA-Abfolge der jeweiligen Zielsequenz entspricht. Zweitens dem Durchtrennen des DNA-Doppelstrangs mithilfe des Schneideproteins Cas9, woraufhin schlussendlich die zelleigenen Heilungssysteme in Kraft treten und den DNA-Strang wieder zusammenknüpfen. Diese Abfolge aus Doppelstrangbruch und anschließender Reparatur ist auch bei jeder zufälligen natürlichen Mutation der Fall. Der entscheidende Unterschied: Beim CRISPR/Cas-System verläuft dies präzise nur an einer einzigen vorbestimmten Stelle im Genom und auch die synthetische Herstellung der benötigten Elemente ist einfacher, schneller und kostengünstiger als bei anderen Ansätzen des Genome Editing. Die Wissenschaft erhofft sich hiervon neue Fortschritte beim Kampf gegen Aids, Krebs und viele Erbkrankheiten, aber auch für die Tier- und Pflanzenzüchtung.

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Foto: IMAGO / Klaus Martin Höfer

3. Menschliche Organe auf dem Mikrochip

Forschende vom Fraunhofer-Institut aus Dresden haben einen Multiorgan-Chip entwickelt. Diese etwa drei mal zehn Zentimeter großen Mikrolabore bilden den Stoffwechsel und die Blutflüsse von gesunden und kranken Menschen nach. Somit lassen sich die Lungenatmung, die Bewegung von Immunzellen in Mikrogefäßen, aber auch die Vernetzung zwischen Organen simulieren. Tierversuche bei der Medikamenten- und Kosmetikentwicklung können damit schon heute reduziert werden. Denn Krankheitsursachen, Therapieansätze, Wirkung und Nebenwirkungen lassen sich mit den Chips deutlich genauer und schneller abbilden, da Tiere und Menschen sehr unterschiedliche Stoffwechsel aufweisen. So können die Wissenschaftler:innen dank integrierter Sensoren, Ventile, Pumpen, Stoffaustauscher und Steuerelektronik genau analysieren, wie die im Chip eingebetteten Organzellen auf ein Diabetes-Medikament oder eine neue Hautcreme reagieren. Perspektivisch führt die Innovation zu einer personalisierten Medizin, bei der Nieren, Lebern und andere Ersatzorgane für kranke Menschen im Labor gezüchtet werden. Laut Fraunhofer-Team wird dies aber noch 10 bis 20 Jahre dauern.

Illustration Bastian Korte
Bastian Korte
Bastian Korte
PR-Berater und Redakteur bei Dialog Public Relations