Die Bausteine des Lebens sind mit dem bloßen Auge unlesbar: Die wertvollen molekularen Informationen müssen erst aus biologischen Proben gewonnen und dann analysiert werden. So lassen sich unter anderem Krankheiten frühzeitig und genauer diagnostizieren. Aber auch genetische Mutationen können erkannt und Therapien – beispielsweise von Krebspatienten – dadurch besser gesteuert werden. Die Firma Qiagen N.V., 1984 in Düsseldorf gegründet, ist mittlerweile der weltweit führende Anbieter von derartigen Probenvorbereitungs- und Testtechnologien, also für Verfahren zur Gewinnung und Analyse wertvoller molekularer Informationen. Mehr als 500.000 Kunden setzen die verschiedenen Lösungen des Unternehmens ein, darunter auch Krankenhäuser und Diagnostiklabore. Wie umfangreich die Nutzungsmöglichkeiten sind, wird beim Blick auf eine besondere Dienstleistung von Qiagen deutlich: Auf dem Online-Portal „GeneGlobe“ erhalten die Kunden Zugriff auf 31 Millionen verschiedene molekulare Tests zur Analyse einzelner Gene und gesamter biologischer Signalwege, mit denen Zellen „kommunizieren“. Zu den erfolgreichsten Produkten zählt dabei das modulare Automationssystem QIAsymphony, das den Anwendern ermöglicht, verschiedene Nukleinsäuren wie DNA oder RNA aus biologischen Proben zu extrahieren und zu analysieren.
Als Quelle kommen körpereigene Zellen, aber auch Viren, Bakterien oder Pilze infrage. Um an die charakteristischen Nukleinsäuren zu gelangen, werden diese von den anderen Substanzen wie Zellwänden oder Zellwasser getrennt. Aufgrund der umfassenden Automatisierung und vielfältigen Funktionalitäten des QIAsymphony können die Proben wesentlich schneller aufbereitet werden, als dies von Hand der Fall wäre. Qiagens Verfahren werden nicht nur bei der Diagnose und Therapie von Krankheiten eingesetzt, sondern auch in vielen anderen Bereichen, beispielsweise in der Pharmaindustrie, der Rechtsmedizin oder der Grundlagenforschung.
Automatisierung mehr als 2.000 Mal getestet
„Das System QIAsymphony besteht aus drei Teilen“, berichtet Brunel Mitarbeiter Radoslaw Maziarz, der als Verification Manager die Tests der jeweils neuesten Versionen leitet. Ein Teil läuft unter der Bezeichnung „Sample Preparation“: Hier können bis zu 96 Proben, beispielsweise Blut, gleichzeitig eingegeben werden. Die Substanzen werden je nach Bearbeitungsziel mit verschiedenen Reagenzien vermischt, erhitzt, geschüttelt und ausgewaschen. Dabei werden überflüssige Bestandteile wie Zellwände und Zellwasser entfernt. Bei den Reagenzien handelt es sich um Stoffe, die das Probenmaterial in die Einzelbestandteile auftrennen. „Das Ergebnis des gesamten Vorgangs ist eine Lösung, die aus dem gewünschten Material besteht, meistens DNA oder RNA“, so Maziarz. Optional kann die „Sample Preparation“ mit einem zweiten Teil, dem „Assay Setup“, kombiniert werden. Dabei wird die gewonnene Lösung aus dem ersten Schritt weiterverarbeitet und für die Analyse vorbereitet. Beispielsweise werden erneut Reagenzien – und farbliche Markierungen – hinzugefügt, sodass die Bestandteile in der darauffolgenden Untersuchung sichtbar werden. In diesem dritten Schritt kann schließlich Qiagens „Rotor-Gene Q“ zum Einsatz kommen. Dort werden die Proben analysiert – zum Beispiel, um festzustellen, ob es sich bei den vorgefundenen Nukleinsäuren um das Erbmaterial von bestimmten Krankheitserregern handelt. Darüber hinaus können auch geringfügigste Mutationen in einem DNA-Strang identifiziert werden.
Software lernt Bewältigung
Radoslaw Maziarz kennt die Software der QIAsymphony so gut wie kaum ein anderer, denn er testet sie bereits seit fast sechs Jahren täglich auf Herz und Nieren. Eingestiegen ist der Elektrotechnikingenieur bei Version 2, mittlerweile wird die fünfte Hauptversion für die Markteinführung vorbereitet. Die Hardware ist dabei nur einmal verändert worden, als das Assay Setup hinzugefügt wurde. Das Wertvollste am System ist jedoch die Software – sozusagen das Gehirn und zentrale Nervensystem des Gerätes. Sie lernt mit jeder neuen Version die Bewältigung zusätzlicher Aufgaben, zum Beispiel die Nutzung weiterer Substanzen oder den Export von Daten für die weitere Bearbeitung. Anwender laden einfach nur die Proben ins Gerät und füllen die gewünschten Reagenzien nach, die ähnlich wie eine Druckerpatrone bequem als Kartuschen erhältlich sind. Dann geben sie auf einem Touchscreen die gewünschten Arbeitsvorgänge ein und der Rest der Aufbereitung läuft vollautomatisch. Seit der Version 4 werden die Proben auch zwischen den beiden Geräteteilen, der Sample Preparation und dem Assay Setup, automatisch weitertransportiert und verarbeitet. Die Bedienung ist für die Anwender jedoch nur deshalb so einfach, weil die Software dahinter umso komplexer ist. Maziarz leitet daher am Qiagen-Standort
Hilden ein vierköpfiges Team, das verschiedene Funktionen kontinuierlich auf bis zu fünf Geräten gleichzeitig testet – zunächst mit Wasser als Testsubstanz, denn Blut- und Gewebeproben sind kostbar. Parallel koordiniert er ein zweites Team in Mumbai, Indien, mit weiteren fünf Testern. „Meine Aufgaben sind die Planung verschiedener Testphasen, die Überwachung der Testaktivitäten und die Steuerung zeitlicher Vorgaben, die wir einhalten müssen“, berichtet Maziarz, der über eine Zertifizierung vom International Software Testing Qualifications Board (ISTQB) verfügt.