Megatrend Silver Society – Vorbehalte abbauen und Potenziale nutzen

Gemischtes Team

Der Anteil der Älteren in der Gesellschaft steigt – nicht nur hierzulande, sondern rund um den Globus. Zugleich bleiben diese Menschen länger gesund. Sie erwachsen damit zu einer fitten und selbstbewussten Generation, die verreist, Kultur genießt, ehrenamtlich tätig wird und auch beruflich weit übers eigentliche Rentenalter aktiv bleiben kann – Unruhestand statt Pensionärsleben. Diese neue Selbstentfaltung und veränderte Wahrnehmung des „Altwerdens“ wird nahezu alle Lebensbereiche betreffen. Wie können Unternehmen reagieren, um die Herausforderungen der Silver Society in Chancen umzumünzen? Was sollten Arbeitnehmer – junge wie alte – beachten, um voneinander zu lernen? Und wie verträgt sich diese Entwicklung mit den dynamischen Umwälzungen, die ein weiterer Megatrend mit sich bringt – die Digitalisierung? Drängende Fragen, auf die dieser Text Antworten gibt.

Von etwa 6 auf über 9 Mrd. Menschen steigt die Weltbevölkerung vom Jahr 2000 bis 2050. Die Ü60-Generation wächst im selben Zeitabschnitt um 330 % auf 2 Mrd. an. In Europa werden bereits 2030 über die Hälfte der Gesellschaft über 50 Jahre alt sein, schon seit der Jahrtausendwende gibt es hier mehr über 60- als unter 15-Jährige. Die Gründe für diesen demographischen Wandel sind relativ simpel: ein zunehmender Rückgang der Geburten in Kombination mit einer steigenden Lebenserwartung dank verbesserter medizinischer Versorgung und einem vielerorts gesundheitsbewussteren Lebensstil. Nach Japan, Italien und der Schweiz rangiert Deutschland auf Platz 4 im Ranking des höchsten Durchschnittsalters in der Bevölkerung.

3 Kollegen mit Tablet

Downaging und das schrumpfende Arbeitskräftepotenzial

Das traditionelle Rollenbild sah bisher vor, dass Menschen sich im gehobenen Alter vom Berufslebens erholen und zur Ruhe kommen sollen. Mit den agilen, weltoffenen und finanziell zumeist unabhängigen „Silver Agern“ heutiger Tage lässt sich diese überholte Ansicht aber nicht mehr vereinbaren. Im Sinne eines Downagings nehmen sie sich als selbstbestimmte Individuen die Freiheit, diese Lebensphase mit Aktivität und Tatendrang zu füllen. Der mit einem Augenzwinkern versehene Spruch „50 ist das neue 30“ entspringt genau diesen Beobachtungen und steckt im Kern voller Wahrheiten. Denn das gefühlte Alter liegt bei vielen älteren Mitmenschen deutlich unter dem tatsächlichen. Parallel dazu sinkt die Gesamtzahl der Erwerbstätigen in Deutschland, weil die „Baby-Boomer“ der 1950er und 1960er Jahre allmählich das Renteneintrittsalter erreichen. Das Arbeitskräftepotenzial schwindet und wird zudem stetig älter.

 

 

Ideen der Digital Natives mit Erfahrungen der Generation 50+ verbinden

Diese Entwicklung belegt, dass Engpässe auf die Unternehmen zukommen, wenn Sie die enormen Potenziale der Silver Society nicht zu nutzen wissen und manche Vorurteile gegenüber vermeintlich unproduktiven, überteuerten Mitarbeitern nicht abgebaut werden. Denn im Sinne eines lebenslangen Lernens ist diese Gesellschaftsgruppe zu großen Teilen offen für flexible Beschäftigungsverhältnisse auch während des eigentlichen Ruhestands. Es gilt also, die Kreativität und Innovationskraft der jungen Digital-Native-Generation mit dem Erfahrungsschatz und dem jahrzehntelangen Know-how sowie sozialen Stärken in der Teamführung auf Leitungsebene der älteren Kollegen in Einklang zu bringen. Personalabteilungen, die vornehmlich auf junge Fachkräfte in ihrer Belegschaft setzen, werden mit ihrer Strategie mittelfristig wahrscheinlich einen Wettbewerbsnachteil erleiden. Denn junge, qualifizierte Mitarbeiter sind ein immer knapper werdendes und hart umkämpftes Terrain. Wer starr an Altersobergrenzen festhält, der verzichtet zudem auf die Synergien, die der Generationen-Mix verspricht. Denn erfahrene Kollegen als Mentoren oder Coaches für jüngere Teams einzubinden, stärkt den gegenseitigen Austausch und erhöht die Wertschätzung.

 

 

Gute Basis für Fortbildung in digitalen Anwendungen

Doch steht eine alternde Gesellschaft nicht in Widerspruch zu den Anforderungen der sich immer schneller drehenden, digitalen Welt? Nicht unbedingt. Denn so wie der Wissenstransfer von alt auf jung erfolgen muss, bevor diese das Unternehmen verlassen, um Kompetenzverluste zu vermeiden, so können auch die jungen Kollegen bei der Weiterbildung in puncto Digitalisierung unterstützen. Dies sollte keine unüberwindbare Hürde darstellen, denn Mitglieder der heutigen Generation 50+ sind durchaus versiert im Umgang mit digitalen Endgeräten, Apps, E-Commerce und Vielem mehr. Eine Kluft zur Großeltern-Generation im Umgang mit technischen Neuerungen, wie sie noch vor 20 oder 30 Jahren existierte, ist weitgehend einem Miteinander auf Augenhöhe gewichen. Dieser generationsübergreifende Wissensaustausch sollte aber nicht dem Zufall überlassen werden: Gezielte Programme und dafür geblockte Zeitfenster sind ein Mittel, um abseits des Alltagsgeschäfts effektiv den Transfer von Know-how zu forcieren. Zudem sollten bewusst gemixte Projektteams aus jüngeren und älteren Mitarbeitern zusammengestellt werden, um den Dialog zu fördern und am Ende des Tages bessere Produkte, Prozesse oder Dienstleistungen anbieten zu können. Auch die faire Verteilung von körperlich anstrengender Arbeit bietet sich im Rahmen einer Art Generationsgerechtigkeit an.

Unter dem Strich geht es also um die Entwicklung einer Kultur, die ältere Mitarbeiter als wachsende und wertvolle Ressource begreift und diesen mit konkreten Maßnahmen und gegenseitiger Unterstützung flexible Beschäftigungsmodelle auch bis ins hohe Alter ermöglicht.