Per Solarenergie über den Atlantik

Menschen geben Segelboot aus der Hand

Premiere auf den Weltmeeren: Zum ersten Mal hat ein unbemanntes Segelboot den Atlantik durchquert. Zweieinhalb Monate benötigte das ferngesteuerte Roboter-Boot namens SB Met von Neufundland in Kanada nach Irland. Dabei wurde es per Satellitenkommunikation über einen Computer gesteuert. Den Erfolg möglich machten eine Reihe von Weiterentwicklungen in den Bereichen 3D-Druck, Photovoltaik und Elektronik.

Im Jahr 2010 verlor die Pinta nach 18 Tagen die Verbindung zur Crew an Land. Die Erwan 1 scheiterte 2013, weil sie von einem vorbeifahrenden Schiff eingesammelt wurde. Und ein Jahr später verfing sich die ABoat Time nach 408 Kilometern in einem Fischernetz. So oder ähnlich erging es vielen Teams. Seitdem die Microtransat Challenge ins Leben gerufen wurde, scheiterten im Rahmen des Segelwettbewerbs für (halb-)autonome Mobilitätstechnologien ausnahmslos alle 20 Versuche. Bis die SB Met im Sommer 2018 kam.

Intelligentes Segelboot aus dem 3D-Drucker

Das zwei Meter lange und 60 Kilogramm schwere Boot der norwegischen Firma Offshore Sensing AS ist aus extrem widerstandsfähigen Verbundmaterialien mittels 3D-Druck gefertigt und soll sogar bei Windstärken von bis zu 70 km/h zuverlässig navigieren können. Es wirkt wie ein Surfbrett, dessen Oberseite mit Solarmodulen ausgestattet ist. Während diese kleine Photovoltaikanlage die Elektronik mit Strom versorgt, kommuniziert die sogenannte Sailbuoy (Segelboje) bei der Überfahrt via Satellitenkommunikationssystem Iridium. Denn im Gegensatz zum komplett autonomen Betrieb ist bei der unbemannten Atlantiküberquerung mittels Sensoren die punktuelle Übermittlung der Standortkoordinaten vorgeschrieben, um den Kurs bei Bedarf vom Festland aus über einen Computer korrigieren zu können.

Aus diesem Grund legte die SB Met die Überfahrt in 5.100 Kilometern zurück, obwohl die direkte Strecke von Kanada nach Irland nur rund 3.000 Kilometer beträgt. Zuvor hatte 2009 lediglich ein unbemannter, batteriebetriebener Tauchroboter eine ähnliche Distanz quer durch den Atlantik gemeistert. Auch das norwegische Siegerboot verfügt über eine Notbatterie für den Autopiloten: Bei einer maximalen Einsatzdauer von einem Jahr liefert die Batterie Energie für sechs Monate – für den Fall fehlender Sonneneinstrahlung und damit einer erschwerten Wiederaufladung der Solaranlage.

Vorteile für Wissenschaft und Wirtschaft

Auch wenn der Ansatz des Segelwettbewerbs spielerisch wirkt, tragen die Erprobungen wichtige Erfahrungswerte auf dem Weg zur Schifffahrt ohne Crew an Bord bei. Hiervon erhoffen sich Wissenschaft und Wirtschaft eine Reihe von Vorteilen, wie zum Beispiel die Erforschung von schwer zugänglichen Gewässern. So könnten unbemannte und mit Sensoren ausgestattete Kleinstboote in einem Hurricane-Gebiet wichtige Erkenntnisse durch die Vermessung von Wellen oder die Bestimmung von Salz- und Sauerstoffgehalt des Wassers liefern. Auch denkbar sind Aufklärungsfahrten bei der Suche nach verunfallten Schiffen oder Flugzeugen. Gleiches gilt für die Beobachtung von Algen- oder Ölteppichen sowie die Inspektion von Anlagen auf offener See. All diese Einsätze würden nicht nur das Risiko für menschliches Leben minimieren, sondern auch die Kosten senken: Eine Sailbuoy kostet insgesamt rund 150.000 Euro – mit dieser Summe ließe sich ein riesiges Forschungsschiff nur einige wenige Tage mieten.

 


Text: Bastian Korte