Forschungsprojekt Smart Dust - Interview mit Paul Boße

Labor

Paul Boße (22) steht kurz vor dem Abschluss seines Physik-Studium an der Otto-von Guericke-Universität Magdeburg. In wenigen Wochen will er mit seiner Bachelorarbeit beginnen, im Rahmen derer er sich mit dem Verhalten von granularen Gasen beschäftigt. Parallel arbeitet er mit seinen drei Kommilitonen Fabian Guse, Anton Muráth und Micha Zenker an einem von der European Space Agency, kurz ESA, unterstützen Forschungsprojekt: Smart Dust. Finanziell unterstützt wird er dabei von Brunel GmbH. Unternehmensgründer Jan Brandt und der Student lernten sich im vergangenen Jahr im Urlaub kennen. Im Interview berichtet Paul von diesem Treffen und vom aktuellen Stand von Smart Dust.  

Smart Dust
Paul Boße (mit Cappy) und seine Teamkollegen von Smart Dust verbringen viele Stunden im Labor der Universität in Magdeburg, um ihr von der European Space Agency unterstütztes Forschungsprojekt voranzutreiben. // Fotografie Copyright: Jana Dünnhaupt 

Worum geht es bei dem Projekt Smart Dust?

 Wir arbeiten an einer ganz neuen Methode zur Untersuchung des Verhaltens von granularen Gasen. Diese Gase – Systeme, die in geringer Dichte makroskopische Teilchen enthalten – können nur in Schwerelosigkeit für längere Zeit zufällig im Raum verteilt auftreten. Mit unserem Projekt möchten wir das Wissen über granulare Gase erweitern und eine präzisere Methode in das aktuelle experimentelle Repertoire der Wissenschaft einführen: Bisher werden die Bewegungen der Teilchen von außen mit Kameras aufgenommen, was den Nachteil hat, dass man nie alle Teilchen sehen und ihr Verhalten so nicht vollständig abbilden kann. Unser Plan ist es dagegen, mitten im granularen Gas einen Mikrochip zu platzieren, der alle Bewegungen der Teilchen dreidimensional aufnimmt. Die Erkenntnisse, die durch diese Aufnahmen gewonnen werden, sind unter anderem für die Pharmazie oder die Landwirtschaft relevant.

 

Wie entstand die Idee für Smart Dust?

 Eher zufällig, um ehrlich zu sein: Im Winter 2020 begann unser Studiengang mit der Ideenfindung für unsere Bachelorarbeiten. Fabian, Anton, Micha und ich wollten ein Thema aus dem Bereich Luft- und Raumfahrt bearbeiten. Da berichtete uns Prof. Dr. Ralf Stannarius, der Abteilungsleiter für Nichtlineare Phänomene am Institut für Physik in Magdeburg, dass die ESA einmal jährlich Forschungsprojekte für Studierende ausschreibt. Da Prof. Stannarius auch in der Granulatforschung tätig ist, arbeiteten wir mit ihm gemeinsam die Idee aus, der ESA ein entsprechendes Granulat-Gundlagenforschungsprojekt anzubieten – und gaben unsere Einreichung nur wenige Wochen später ab. Bereits nach zwei Tagen bekamen wir die Zusage und nahmen dann im Februar an einer digitalen Seminarwoche der ESA teil. Dabei haben wir viel über die Herangehensweise an ein solches Forschungsprojekt gelernt und andere Projektgruppen aus aller Welt kennengelernt. In meiner Bachelor-Arbeit wird es übrigens um einen Teilaspekt unserer Grundlagenforschung gehen.

 

Was sind Ihre aktuellen Aufgaben und nächsten Ziele mit dem Projekt?

 Seit Mitte Februar designen, modellieren, bauen und dokumentieren wir in einem eigenen Labor bei uns an der Uni, um Lösungen für die Integration der Chips in die Granulate zu finden. Doch bevor wir richtig forschen konnten, mussten wir uns erst einmal intern organisieren, Verantwortlichkeiten verteilen, Timings aufstellen und nicht zuletzt auch Sponsoren suchen. Denn es kommen immer wieder Materialkosten, etwa für die Chips, die wir nach intensiver Recherche in den USA gefunden und bestellt haben, auf uns zu. Monatlich geben wir bei der ESA einen umfassenden englischsprachigen Bericht über den Projektfortschritt ab. Das geht nun bis zum alles entscheidenden Termin im November so weiter: Da werden wir in Bremen den Fallturm vom Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation für unser Projekt nutzen, um das Verhalten der granularen Gase auch tatsächlich in der Schwerelosigkeit zu untersuchen.

 

Wie kam der Kontakt zu Brunel zustande?

 Ich habe Brunel Unternehmensgründer Jan Brand zufällig im Urlaub kennengelernt: Wir waren beide Gast in einer Bar, in der er von dem ihm bekannten Inhaber ans Klavier gebeten wurde. Nachdem er einige Stücke gespielt hatte, fragte ich ihn, ob er sich zu meiner Freundin und mir an den Tisch setzen wolle, denn er war allein mit seinem Hund in der Bar. Ich bin ein offener und geselliger Typ und komme gerne mit Menschen ins Gespräch. Jan erzählte ein wenig von Brunel, ich von meinem Studium und er bot an, dass ich mich jederzeit melden könne, wenn ich Unterstützung bräuchte. Kurz darauf trat dann das ESA-Projekt auf den Plan. Dank der Unterstützung Brunels und anderer Sponsoren können wir unseren Traum von dem Grundlagenforschungsprojekt umsetzen.

 

 

Welche beruflichen Ziele haben Sie nach Ihrem Studium?

Ich will auf jeden Fall gerne in der Luft- und Raumfahrt tätig werden, vielleicht sogar ein eigenes Start-up gründen. Zunächst aber plane ich nur Step by Step: Sobald ich die Prüfungsphase hinter mir habe, beginne ich mit der Bachelorarbeit. Nachdem wir Ende dieses Jahres das ESA-Projekt abgeschlossen haben, werde ich das erste Halbjahr 2022 auf Reisen gehen, sofern Corona es zulässt, und dann zum Wintersemester 2022 mit meinem Master-Studium beginnen. Wo genau, weiß ich noch nicht, aber ich werden auf jeden Fall im Ausland weiter studieren. Ganz oben auf meiner Liste stehen Belgien und die Niederlande.

Stine Behrens

Stine Behrens
PR-Beraterin und Redakteurin bei Dialog Public Relations