Megatrend New Work: Die Zukunft der Arbeit

New work with new mindsets

Obwohl er mehr als 40 Jahre alt ist, ist der Begriff New Work aus der heutigen Arbeitswelt 4.0 nicht mehr wegzudenken. Im Gegenteil: Er gilt als Inbegriff für den wirtschaftlichen und kulturellen Umschwung, den wir derzeit durchleben. Die Digitalisierung, Globalisierung und der demografische Wandel ebnen einerseits den Weg für neue Arbeitsmodelle, stellen unsere Gesellschaft aber auch vor tiefgreifende Fragen nach der Zukunft und dem Sinn der Arbeit.

Anders als der Name impliziert, handelt es sich bei New Work um keine wirklich neue Idee. Der Begriff geht auf den österreichisch-amerikanischen Sozialphilosophen Prof. Dr. Frithjof Bergmann zurück. Durch Reisen in die damaligen Ostblockländer und der Auseinandersetzung mit dem Sozialismus und dem Kapitalismus, reifte in ihm Ende der 70er-Jahre die Idee, ein Gegenmodell zu diesen beiden zu entwickeln.

Das New Work-Konzept basiert auf dem Grundgedanken Bergmanns, dass das Job-System, so wie die Gesellschaft es bis dato kannte, am Ende sei. Er stellte sich die philosophische Frage nach Freiheit: Lohnarbeit sei Knechtschaft und die Menschheit habe nun die Chance, sich davon zu befreien. Jeder Einzelne müsse sich die Frage stellen, was er im Leben und in seinem Job erreichen wolle. Wertorientiertes Handeln, Selbstverwirklichung sowie Teilhabe an der Gemeinschaft bilden die zentralen Inhalte von Bergmanns theoretischem Arbeitsmodell. Sein Credo: New Work bezeichnet die Art von Arbeit, die ein Mensch wirklich tun will. Arbeit sei ein Mittel, mit dem sich der Mensch als freies Individuum entfalten kann.

Coworking Space

 

New Work bietet Arbeitgebern wie Arbeitnehmern vielfältige Chancen

Frithjof Bergmann wird im Dezember 2020 90 Jahre alt, seine Philosophie ist und bleibt nach wie vor jung und ein heiß diskutiertes Thema. Das hat verschiedene Ursachen:

  1. Die industrielle Produktion hat sich in den vergangenen Jahrzehnten radikal verändert. Neue Technologien, wie die Entwicklung im Bereich Künstlicher Intelligenz und die allumfassende Digitalisierung, führen dazu, dass bestimmte Berufe sogar überflüssig werden.
  2. Die jüngeren Generationen von Arbeitnehmern stellen neue Anforderungen an ihren Job, sie haben andere Bedürfnisse und Motivationen als ihre Eltern oder Großeltern. Das Stichwort lautet Work-Life-Balance.

Viele Menschen der „Alten Arbeitswelt“ stellen sich deshalb jetzt die Frage, was sie in Zukunft machen wollen.

Für moderne Unternehmen, die zukunftsfähig bleiben wollen, ist New Work mittlerweile ein viel beachtetes Arbeitskonzept. Eine auf Vertrauen basierende Arbeitsgestaltung in Form von flexiblen Arbeitszeiten und -orten, eine gesunde Work-Life-Balance, das Einbeziehen von Mitarbeitern in wichtige Entscheidungen: Das alles sind wichtige Faktoren, die an Bedeutung gewinnen. Wer als Betrieb wettbewerbsfähig bleiben will, muss sich mit diesen Themen auseinandersetzen. Nur so kann er langfristig gute Mitarbeiter finden und binden.

Auf der anderen Seite bieten Arbeitsplätze nach dem New Work-Konzept Angestellten Freiraum für kreatives und innovatives Arbeiten. Beispiele hierfür sind Home office, Remote Work oder Co-Working-Spaces. Digitale Tools und agile Arbeitsmethoden unterstützen die effiziente Zusammenarbeit. New Work bedeutet aber auch New Leadership: Hierarchien werden durch eine gelebte Vertrauenskultur und Empathie ersetzt. Ziel vonseiten der Arbeitgeber muss es daher sein, die Mitarbeiter zur Eigenverantwortung zu befähigen und ihre Stärken zu fördern.

Agiles Projektmanagement

Welchen Herausforderungen steht New Work gegenüber?

Mehr Flexibilität und Freiheiten, das sind die zentralen Chancen von New Work. Gleichzeitig ergeben sich aber auch Herausforderungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Die erste Herausforderung des New Work Ansatzes ist für Unternehmen die Entscheidung, wie schnell und intensiv sie diesem Megatrend folgen möchte. Dieser muss arbeitgeberseitig mit der Unternehmenskultur und arbeitnehmerseitig mit der persönlichen Lebensführung in Einklang gebracht werden. Eine weitere Herausforderung ergibt sich daraus, dass die Etablierung von New Work grundsätzlich – wie andere Veränderungsprozesse auch – ein schleichender Prozess ist. Konkret bedeutet dies: Der Megatrend muss im Unternehmen langsam wachsen und behutsam etabliert werden. Es gilt, die Mitarbeiter individuell abzuholen und mitzunehmen.  Die Idee eines Stichtages, ab dem New Work plötzlich konsequent praktiziert wird, ist somit unrealistisch.

Dabei geht die Initiierung von New Work mit vielen Veränderungen einher, die bestehende Jobs restrukturieren oder gar überflüssig machen können. . Eine Herausforderung ist dabei, diese Auswirkungen bei den betroffenen Mitarbeitern und Führungskräften positiv zu vermarkten, sie von der Organisationsentwicklung zu überzeugen und persönliche Auswirkungen des Veränderungsprozesses bei jenen Mitarbeitern sozial abzufedern. Fundamental ist dafür, dass positive Zukunftsvisionen formuliert und neue Perspektiven aufgezeigt werden. Gleichzeitig schafft New Work neue Berufsbilder, deren Fachkräftebedarf möglicherweise nicht so schnell gedeckt werden kann, wie sich der Prozess vollzieht. Dies kann die Wirtschaftlichkeit von Unternehmen gefährden, sodass hier ein strukturiertes und allumfassendes Change Management erforderlich wird.

Zudem kann auch das ortsunabhängige und flexible Agieren eine Herausforderung darstellen. Die Abkehr von strikten Rahmenbedingungen wie Arbeitszeit und Arbeitsort erfordert Strategien, die die Leistungsfähigkeit des Unternehmens auf hohem Niveau halten. Neue Freiheiten für Mitarbeiter wie Führungskräfte können demnach auch bedeuten, dass diese ihr Selbstmanagement kritisch hinterfragen und optimieren müssen. Ein modernerer Arbeitsalltag bedeutet selbstverständlich nicht, dass die Anforderungen an die Arbeit geringer werden.

 

Wie verändert New Work den Büroalltag?

Einen klassischen Büroalltag von 8 bis 17 Uhr, 5 Tage die Woche mit den gleichen Kollegen im gleichen Büro, gibt es in Zeiten von New Work nicht mehr. Variierende Arbeitszeiten und -orte führen dazu, dass Kollegen sich nur noch gelegentlich im Büro antreffen, sich häufiger online sehen und ihre Zusammenarbeit digital ausgestalten. So ändert sich auch in den Büros einiges. Auch das klassische Einzelbüro hat im Rahmen des Megatrends New Work zunehmend ausgedient.

Arbeitgeber gestalten ihre Arbeitsplätze so, dass sie agiles Arbeiten ebenso fördern wie die Begegnung der Mitarbeiter untereinander. Die strikte Verteilung von Aufgaben durch Vorgesetzte und deren Erledigung durch die Angestellten wird zunehmend abgelöst durch lösungsorientiertes Debattieren in Gruppen, die mehrere Hierarchieebenen umfassen. Großraumbüros, Begegnungsräume und Coworking-Spaces leisten dieser Entwicklung Vorschub. Grenzen zwischen Fachabteilungen verschwimmen sowohl räumlich als auch organisatorisch.

Da auch das Thema Wertschätzung einen entscheidenden Anteil am Megatrend New Work hat, verfügen moderne Büroabteilungen über Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung, z. B. in Form von innerbetrieblichen Sportstätten oder Spielräumen (Kicker, Tischtennisplatten, Dart etc.). Modernste Technik und ergonomisches Arbeiten runden den Büroalltag von heute ab und sollen Mitarbeiter den Aufenthalt angenehmer gestalten. Ergonomische Büros kombiniert mit gezielten Sport- und Freizeitangeboten verfolgen das Ziel der Gesunderhaltung aller Mitarbeiter. Auch dies ist Teil des Megatrends New Work.

 

 

Beispiele für New Work

Ein New Work-Arbeitsmodell ist die Arbeitszeit-Reduzierung. In Schweden und Deutschland laufen mit dem 6-Stunden-Tag beziehungsweise der 4-Tage-Woche Pilotprojekte, um den Erfolg der verkürzten Arbeitszeit zu testen. Die Vorteile: Die Mitarbeiter sind motivierter und fokussierter, es gibt kaum krankheitsbedingte Fehlzeiten. Probleme können allerdings auftreten, wenn die Aufgaben nicht an die verringerte Arbeitszeit angepasst werden und die Belastung zu groß wird. Zudem muss geklärt werden, ob der ursprüngliche Lohn beibehalten wird. Für gleichbleibendes Gehalt spricht für viele, dass Arbeitgeber aufgrund der gesteigerten Produktivität langfristig von dem Modell profitieren.

Ein weiteres New Work-Modell ist das agile Projektmanagement. Darunter werden Vorgehensweisen verstanden, mit denen sich Projekte dynamisch und flexibel planen lassen. Vier Leitsätze gelten im 2001 festgelegten „agilen Manifest“ als Grundpfeiler für die verschiedenen Projektmanagement-Methoden:

  • Individuen und Interaktionen stehen über Prozessen und Werkzeugen.
  • Funktionierende Produkte stehen über einer umfassenden Dokumentation.
  • Zusammenarbeit mit dem Kunden steht über der Vertragsverhandlung.
  • Reagieren auf Veränderung steht über dem Befolgen eines Plans.

Die jeweils zuerst genannten, agilen Werte werden den herkömmlichen und traditionellen Vorgehensmodellen des klassischen Projektmanagements gegenübergestellt. Zwar sind diese „alten“ Werte ebenfalls von Bedeutung, doch die neuen, agilen Werte werden höher eingestuft.

Auf die Praxis angewendet, handelt es sich beim agilen Arbeiten um eine iterativ-inkrementelle Vorgehensweise. Das bedeutet, dass nicht alle Arbeitsschritte von vorne bis hinten durchgeplant werden, sondern das Produkt entsteht in Zwischenschritten, die aufeinander aufbauen. Änderungswünsche lassen sich so schneller umsetzen, Abweichungen und Fehler schnell korrigieren, was Zeit- und Kostenersparnis bedeutet. Durch flache Hierarchien tragen alle Teammitglieder eine hohe Eigenverantwortung, jeder Mitarbeiter kann seine Stärken optimal einbringen.  Der Kunde ist in den kompletten Prozess eingebunden, seine Bedürfnisse stehen jederzeit im Fokus.

 

Wie wird sich New Work weiterhin entwickeln?

Die Covid-19-Pandemie und der damit einhergehende Ausnahmezustand haben die New Work-Bewegung stärker in den Fokus gerückt. Viele Unternehmen waren dadurch „gezwungen“, das Modell tatsächlich zu leben. Die digitale Transformation wurde beschleunigt und feste Prozesse und Strukturen infrage gestellt. Doch auch wenn New Work in vielen Bereichen schon jetzt ein wichtiger Bestandteil ist, so geschieht dieser Wandel nicht von heute auf morgen, sondern er braucht weiterhin Zeit und Einsatz. Dieses Engagement ist vor allem bei den jüngeren Generationen ausgeprägt. Sie binden sich nicht länger langfristig an einen Arbeitgeber, lehnen feste Strukturen und steile Hierarchien ab. Doch auch die älteren Generationen bringen vermehrt ihre Werte und Forderungen ein und fordern eine gesunde Work-Life-Balance. Der Megatrend New Work ist also gekommen, um zu bleiben.

Elisabeth Stockinger

Elisabeth Stockinger
PR-Beraterin und Redakteurin bei Dialog Public Relations