Auto Software

„Die Ansprüche der Kunden werden sich noch stark wandeln"

Montag, 17. Februar 2020

Das Auto von morgen wird sich weiter von der Mechanik entfernen und noch stärker von der Elektronik und einer sicheren Software abhängig sein“, erklärt Wolfram Fees, Geschäftsbereichsleiter bei der Brunel GmbH. Er weiß um die Herausforderungen, vor denen die Unternehmen der Automobilbranche derzeit stehen und empfiehlt den deutschen Marktteilnehmern eine enge Kooperation untereinander.

Wolfram Fees

Porträt Wolfram Fees

Seit 2010 arbeitet Wolfram Fees bei der Brunel GmbH als Geschäftsbereichsleiter und verantwortet die Aktivitäten von fünf Brunel Niederlassungen im Süden Deutschlands. Nach dem Schulabschluss studierte Fees bei der Bundeswehr Wirtschafts- und Betriebspädagogik, arbeitete dann als Produktspezialist in der Medizintechnik und anschließend als Account Executive sowie Regionalleiter bei verschiedenen Mobilfunkunternehmen. Heute ist der 50-jährige Münchener unter anderem Experte für die Automobil-Branche, auf die sein Lieblingszitat derzeit besonders gut zutrifft: „Das Leben ist eine Kurve.“

Es ist viel die Rede vom steigenden Software- und Elektronikanteil in zukünftigen Automodellen. Auf einer Skala von 1 bis 10, wobei 10 die vollständige Ausstattung des Fahrzeuges darstellt: Wo stehen wir aktuell und was können die Autos von heute bereits dank ihrer Software?

In dem Zusammenhang erinnere ich mich an den Elchtest in den 90er-Jahren: Ein herausforderndes Gesamtkonzept eines neuen Fahrzeugtyps verlangte damals nach einer elektronischen Stabilitätshilfe in Grenzbereichen der Nutzung. Heute ist diese Technologie Standard und wäre ohne Elektronik und Software in entsprechenden Steuergeräten undenkbar. Während wir seinerzeit auf einer Skala von 1 bis 10 bei 3 standen, würde ich die heutigen Autos auf der 7 sehen: Sie sind mit unzähligen Steuergeräten und Controllern ausgestattet, fast jede Funktion oder Unterstützung des Fahrers beruht auf leistungsfähiger Elektronik und oftmals redundanter Software. Diese Entwicklung wird sich fortsetzen – etwa mit der Elektrifizierung des Antriebs, den Bemühungen rund um das autonome und teilautonome Fahren sowie mit der Integration von mobilen Anwendungen und Services, wie etwa 5G-Echtzeit-Streamingdienste.

Welches sind hierbei die größten Herausforderungen für die Automobilhersteller und -zulieferer?

Die größte Herausforderung besteht im Wandel der Kundenansprüche: Den Käufern sind der Antrieb oder die Karosserie künftig weniger wichtig als intelligente Betriebssysteme, die das Gesamtsystem Auto zuverlässig steuern. In diesem Zusammenhang muss sich auch dessen Interieur verändern, damit der Fahrer alle künftigen Funktionen bequem nutzen kann. Um nicht zu reinen Plattformanbietern degradiert zu werden, müssen gerade die deutschen Premium-Hersteller eigene Betriebssysteme anbieten, denn mit Google oder Apple drängen hierfür neue große Player auf den Markt. Die hiesigen Zulieferer stehen parallel vor der Aufgabe, Komponenten und Systeme zu entwickeln, die sich nahtlos in die künftigen Software-Systeme einfügen.

Wie können die Unternehmen diese Herausforderungen idealerweise meistern?

Die deutschen Premium-Hersteller und die Marktführer unter den Zulieferern sollten sich zusammenschließen und gemeinsam ein einheitliches Betriebssystem entwickeln. Sonst besteht die Gefahr, dass die reinen „Software-Riesen“ die Maßstäbe setzen und es ähnlich wie bei Smartphones nur zwei oder drei Standard-Systeme geben wird. Erste Ansätze für solche gemeinsamen Anstrengungen sehe ich bei den Navigationslösungen: Hier haben sich jüngst die Premium-Hersteller die Kartendaten sowie die Basis für leistungsfähige Systeme gesichert und arbeiten nun zusammen daran.

Die IT verändert nicht nur das Produkt Auto, sondern auch dessen Produktion. Welche gravierenden Veränderungen und damit einhergehenden Herausforderungen sehen Sie hier derzeit?

Die Automatisierung und Standardisierung wird in der Produktion weiter zunehmen. Roboter garantieren eine nahezu konstante Leistungsfähigkeit, eine fast fehlerfreie Herstellung und minimieren die Gefahrenquellen für Menschen. Es gibt bereits Leichtbauroboter, die gemeinsam mit den Mitarbeitern Bauteile am Fahrzeug anbringen. Diese Art zu arbeiten wird zunehmen, erfordert jedoch die ständige Qualifizierung der Fachkräfte. 

Welche Position nehmen in diesem Zusammenhang die deutschen Hersteller und Zulieferer im internationalen Wettbewerb/Vergleich ein?

Die Wettbewerber aus Asien adaptieren sich schnell und gerade China hat sich von der verlängerten Werkbank der europäischen Technologieunternehmen emanzipiert: Viele Firmen von dort sind heute Entwicklungstreiber. Dennoch steht Deutschland weltweit immer noch für absolute Qualität. Bei der Elektrifizierung des Antriebs holen die deutschen Unternehmen deutlich auf und stehen bei der künftig noch viel entscheidenderen Brennstoffzelle wieder in der ersten Reihe. Ähnlich wie beim Otto-Motor hat auch das Wasserstoff-Auto einen sehr hohen Komplexitätsgrad – ein breites Feld für deutsche Ingenieurskunst.

Vielen Dank, Herr Fees!

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