„Individuelle Komplettlösungen aus einer Hand“

Carsten Wendt ist Standortleiter und Prokurist von Brunel Car Synergies (BCS) und leitet das Entwicklungszentrum mit akkreditiertem Prüflabor in Dortmund. Hier erzählt er, welchen Einfluss neue Technologien auf die Arbeit von BCS haben und warum es neben Simulationen auch in Zukunft reale Tests geben wird.

Herr Wendt, Entwicklungszentrum mit Prüflabor, das klingt spannend, aber was genau ist das eigentlich und für welche Kunden sind Sie tätig?

Wir verfügen über Räumlichkeiten von fast 5.000 Quadratmetern, die in Prüfbereiche und Büros aufgeteilt sind. Mit unseren mehr als 100 Prüfanlagen führen wir Funktions- und Lebensdaueruntersuchungen an Komponenten, Systemen und Gesamtfahrzeugen durch. Im Bereich der Umweltsimulation erbringen wir unter anderem Nachweise für Vibrationsbelastungen oder Klimaauswirkungen. Wir haben hier die Lichttechnik, IP-Schutzartprüfungen an elektrisch betriebenen Prüflingen sowie Thermoschock- und Klimaprüfungen ausgeweitet, um auf die steigenden Anforderungen reagieren zu können. Die meisten unserer Kunden sind in den Bereichen Automotive, Bahntechnik, Land- und Baufahrzeuge sowie Aerospace tätig.

 

Und welche Arbeiten stehen im Entwicklungszentrum im Fokus?

Unser Entwicklungszentrum beschäftigt sich vorrangig mit eingebetteten Elektroniksystemen und der Entwicklung von Hard- und Software. Unser Engineering befasst sich außerdem mit der Entwicklung und dem Bau von Prüfständen. Unsere Spezialisten sind in der Lage, komplette Prüflaborplanungen hinsichtlich der Prüfstände durchzuführen – von der Erstellung der Lastenhefte bis zur betriebsbereiten Übergabe an den Kunden.

 

Die Zukunft der Mobilität ist ein Thema, das viele Menschen beschäftigt. Was bedeutet das für Sie und Ihre Arbeit? Wo sehen Sie die Schwerpunkte der kommenden Jahre?

Wir beobachten, dass die Pandemie Entwicklungen verschärft und beschleunigt, die sich schon vorher abgezeichnet haben: Hersteller wie Zulieferer müssen flexibel agieren und Transportmittel sowie -konzepte entwickeln, die auf die Bedürfnisse der Menschen einzahlen – etwa den schnellen Warentransport oder ein höheres Nachhaltigkeitsbewusstsein. Wir werden darum unter anderem den Bereich der Umweltsimulation weiter ausbauen, denn die Elektromobilität erfordert die Integration verschiedenster elektrischer Komponenten mit erhöhten Spannungen und Strömen. Wir haben schon in ein vollautomatisches Testsystem für Komponenten mit höherer Leistung investiert und wollen unsere Prüfmöglichkeiten noch erweitern, um bis zu einer Spannung von 1000 Volt prüfen zu können. Außerdem werden wir künftig verstärkt mit anderen Prüflaboren kooperieren, weil es inzwischen fast unmöglich ist, alle Prüfungen intern durchzuführen. So können wir unseren Kunden die komplette Validierung ihrer Produkte von A bis Z anbieten.

In Zeiten, in denen künstliche Intelligenz immer mehr Aufgaben übernimmt: Braucht es da perspektivisch überhaupt noch reale Prüfungen?

Ja, die wird es auch weiterhin geben. Ich gehe nicht davon aus, dass reale Versuche in absehbarer Zeit überflüssig werden: Denn es wäre nur mit extremem Aufwand möglich, alle Eventualitäten und Sonderbedingungen in computersimulierten Tests zu erfassen. Als Unterstützung bei der Konstruktion und für erste grundlegende Prüfungen sind Werkzeuge der künstlichen Intelligenz und des maschinellen Lernens dagegen gut geeignet.

 

Nochmal zum Stichwort Mobilität: Ist es sinnvoller, einen Prototypen direkt im Fahrzeug auf der Straße zu testen oder als einzelne Komponente auf dem Prüfstand?

Die Herstellung der Prototypen ist kostenintensiv, und für die Tests müssen sie dann mit aufwendiger Messtechnik ausgerüstet werden: Dadurch sind Messungen in einem Versuchsfahrzeug sehr teuer. Wir führen Komponententests deswegen auf Prüfständen durch – das ist günstiger und schneller als Versuche mit dem Gesamtfahrzeug und trotzdem sehr realitätsnah. Entweder stellen uns unsere Kunden Messdaten zur Verfügung, oder wir erfassen Echtzeitdaten in eigens durchgeführten Fahrversuchen.

 

Wie gehen Sie damit um, dass es international unterschiedliche Bestimmungen für die Zulassung von Fahrzeugen gibt?

Mit unseren echtzeitfähigen Prüfmaschinensteuerungen haben wir die Möglichkeit, die unterschiedlichen Anforderungen der einzelnen Kontinente exakt abzubilden. Die jeweiligen Kriterien sind zentral in einer Spezifikationsdatenbank abgelegt und damit jederzeit reproduzierbar. Wir können in der Betriebsfestigkeit mit Prüfständen jede Straße dieser Welt nachstellen und in der Umweltsimulation sämtliche klimatischen Bedingungen erzeugen. Den Bereich Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) decken wir mit Partnerlaboren ab.

 

Inwiefern unterscheiden sich die Testanforderungen für Elektrofahrzeuge von denen für Fahrzeuge mit klassischen Antrieben?

Die Radstände werden größer, die Fahrzeuge schwerer: Das führt zu geänderten Testanforderungen der Fahrwerksprüfungen. Aus meiner Sicht sind wir in der Betriebsfestigkeit deutschlandweit das führende Labor für die Validierung von Verbindungseinrichtungen im Pkw-, Agrar- und Nutzfahrzeugbereich. Natürlich beschäftigen wir uns in der Betriebsfestigkeit auch mit dem Thema Leichtbau. Wir geben unseren Kunden die Sicherheit, dass die bei ihnen durchgeführten Gewichtseinsparungen am Fahrzeug nicht die Betriebsfestigkeit beeinflussen.

 

Gerade im Bereich Mobilität spielt Klimaschutz mittlerweile eine enorm große Rolle. Wie steht es um die CO2-Bilanz von BCS in Dortmund?

Hydraulikpumpen, Kühlanlagen und Klimaschränke im Labor sind unsere größten Stromverbraucher. Daher nutzen wir ausschließlich Ökostrom und installieren in diesem Jahr eine Photovoltaikanlage, die bis zu 20 Prozent unseres Strombedarfs produziert. Doch auch insgesamt ist Brunel im Bereich Klimaschutz sehr aktiv. Wir wollen schnellstmöglich ein emissionsfreies Unternehmen werden. Für alle Standorte in über 40 Ländern sind Maßnahmenpläne entwickelt worden. Im Rahmen dessen erfolgen beispielsweise die Elektrifizierung der Fahrzeugflotten, Investitionen in Energieeffizienz, um den Gasverbrauch zu senken sowie die Reduzierung von Geschäftsreisen. Emissionen, die nicht vermeidbar sind, werden künftig zugunsten von Umweltprojekten kompensiert.

Vielen Dank für das Gespräch Herr Wendt.

Carsten Wendt

Nach dem Maschinenbaustudium mit dem Schwerpunkt Fertigungstechnik an der Fachhochschule Düsseldorf arbeitete Wendt bei Lear in Rüsselsheim und bei Johnson Controls (heute Yanfeng Automotive Interiors) in Neuss. Zu Brunel Car Synergies kam er Anfang 2021 und ist heute Standortleiter und Prokurist in Dortmund.