Die Konkurrenz schläft nicht. Wie gelingt es einem Unternehmen dennoch, seine Kunden vom Kauf eines Produktes zu überzeugen?
Das hängt natürlich stark von der Zielgruppe und vom jeweiligen Produkt ab. Ganz allgemein geht es um das Zusammenspiel von Qualität, Nutzen, Preis, Marke und Design,
wobei sich klar feststellen lässt, dass die Bedeutung von Letzterem in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen hat. Und das nicht ohne Grund: Denn das Design spricht neben der rationalen auch die emotionale Ebene beim Kunden an und versetzt uns damit in die Lage, Faktoren wie Qualität oder Nutzen überhaupt erst erfahrbar zu machen. Nicht umsonst prägen an Wertigkeit orientierte Kriterien die Design-Sprache der Marke Bosch: etwa Präzision oder gestalterische Reduktion.
Inwiefern verändert diese gesteigerte Wertschätzung des Designs denn die Arbeit von Ihnen und Ihren Kollegen?
Wurden wir früher als reine Formgestalter wahrgenommen, die die vorhandene Technik entsprechend dem Diktum „form follows function“ in eine gute und schöne Hülle übersetzt haben, sind wir mittlerweile von Anfang an in den Entwicklungsprozess involviert – von der Marktforschung und Ideenentwicklung über das Prototyping bis hin zur Marktreife. Immer mehr geht es darum, ein Gesamterlebnis zu erzeugen, das die unterschiedlichsten Schnittstellen zwischen Kunde, Produkt und Marke anspricht. Design Thinking hat also einen immer größeren Anteil bei der Generierung neuer Produktwelten und Absatzmärkte.
Um Design-Ideen auch intern gegenüber der Entwicklung, dem Controlling oder dem Marketing durchzusetzen, müssen Produktdesigner auch wirtschaftlich denken und sich darüber hinaus in den Anwender hineinversetzen. Wie gelingt dieser Spagat?
Gerade in einem so großen Unternehmen wie unserem funktioniert das nur mit vereinten Kräften und der Auseinandersetzung mit den Sichtweisen aller Beteiligten. Wir Designer haben dabei natürlich vor allem die Marke oder die Innovation im Blick. Die Entwickler wollen dagegen, dass das Produkt zu den richtigen Zielkosten im richtigen Zeitfenster entwickelt wird. Aber wie so oft im Leben geht es nicht um ein Entweder-oder, sondern um ein Sowohl-als-auch. In gewisser Weise müssen wir also nicht nur Spezialisten, sondern auch Generalisten sein. Und das betrifft ja letztlich auch unsere Kunden. Denn die suchen auch kein Produkt, das nur schön und funktionell ist, sondern es sollte auch ihren Preisvorstellungen entsprechen und von der richtigen Marke kommen.
Können Sie dennoch ein Beispiel nennen, bei dem das Design der entscheidende Erfolgsfaktor für ein Produkt war?
Da fällt mir als Erstes unsere ColorGlass Edition ein, bei der wir mit farbigen Glasfronten die Entwicklung des Kühlschranks vom funktional geprägten Preis-LeistungsGerät hin zum Lifestyle-Objekt mit eingeleitet haben.
Und welche Leistung Ihrer Branche hat unseren Alltag am stärksten geprägt?
Das Smartphone hat natürlich gewaltige Änderungen mit sich gebracht. Aber es gibt durchaus Menschen, die sagen, dass die Waschmaschine für den häuslichen Gebrauch unser gesellschaftliches Leben seit den 1950er- und 1960er-Jahren mindestens ebenso stark geprägt hat. Zumindest haben moderne Hausgeräte dazu beigetragen, bestehende Geschlechterrollen aufzubrechen und Frauen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu ebnen.